Es gilt, im Aargau die ökologischen Kräfte zu stärken
In einem Rating zeigt sich, wer sich wie intensiv für die Umwelt einsetzt
Am 22. Oktober wählt die Schweiz ein neues Parlament. Im Kanton Aargau sind 16 Nationalratssitze zu besetzen. Die letzten eidgenössischen Wahlen 2019 waren im Kanton Aargau zwar nicht von einem Zuwachs der Parteien mit «grün» im Namen geprägt, wohl aber von einer Stärkung der ökologischen Kräfte im Nationalrat. Sowohl die SP (mit Gabriela Suter) wie auch die EVP (mit Lilian Studer) konnten ein Mandat auf Kosten der SVP und FDP gewinnen. Beide setzten sich in den letzten vier Jahren sehr stark für die Umwelt ein. Gabriela Suter erreichte ein Umweltrating von 100% und setzte sich somit ausnahmslos für die Umwelt ein, während Lilian Studer einen Wert von 96,8 % erreichte. Zusammen mit den Stimmen von Irène Kälin (Grüne, 100% Umweltfreundlichkeit), Yvonne Feri (SP, 99,2%), Cédric Wermuth (SP, 95,3 %) und Beat Flach (GLP, 95,3%) erreichten die umweltfreundlichsten Parteien 6 von 16 Stimmen im Parlament.
Grosse Unterschiede im bürgerlichen Lager
Doch gerade bei den Vertreter:innen der Parteien, die der Umwelt eher skeptisch gegenüberstehen, gab es grosse Unterschiede. Matthias Samuel Jauslin von der FDP stimmte in mehr als der Hälfte der Fälle (51,6 %) für die Umwelt. Er ist einer der umweltfreundlichsten Vertreter seiner Partei. Seine Parteikollegin Maja Riniker nur in 33,9 % der Fälle. Andreas Meier von der Mitte erreichte eine Umweltfreundlichkeit von 40 %, seine Kollegin Marianne BinderKeller stimmte in 35,2 % der Fälle für die Umwelt. Sie sehen also: Auch bei Parteien, die sich nicht konsequent für die Umwelt einsetzen, lohnt es sich, genau hinzuschauen. Die Details entnehmen sie der diesem Heft beiliegenden Wahlbeilage. Die SVP hingegen stimmte fast ausnahmslos gegen die Umwelt. Kein:e Nationalrät:in erreichte einen Wert von über 5,5 %.
Für den Aargau gilt es also, bei den Wahlen im Herbst die vor vier Jahren erzielten Veränderungen zu halten und womöglich auszubauen, indem umweltfreundliche Parteien und die umweltfreundlichen Parlamentarier:innen in allen Parteien gestärkt werden.
Für eine umweltfreunde Standesstimme
Auch im Ständerat präsentiert sich die Ausgangslage spannend. Thierry Burkart, der sich nur in 13,7 % der Fälle für die Umwelt einsetzte, kandidiert für eine zweite Amtszeit in der kleinen Kammer. Hansjörg Knecht, der nur in 10,8 % der Fälle für die Umwelt gestimmt hat, tritt nicht wieder an. Für seine Nachfolge werfen diverse Kandidierende ihren Hut in den Ring. Vier von ihnen haben ein Wahlversprechen für die Umwelt abgegeben. In einer 21 Fragen umfassenden Befragung der Umweltallianz haben Gabriela Suter (SP, Wahlversprechen 100 %), Irène Kä lin (Grüne, 98,8 %), Barbara Portmann (GLP, 93,8 %) und Lilian Studer (EVP, 90,5 %) gezeigt, dass sie sich stark für die Umwelt einsetzen wollen. Des Weiteren kandidieren zwei weitere bisherige Nationalrät:innen: Marianne BinderKeller und Benjamin Giezendanner. Letzteren stimmte nur in 5,5 % der Fälle und somit konsequent gegen Umweltanliegen. Gerade im Ständerat, der sich in den letzten vier Jahren als umweltpolitischer Bremsklotz erwies, zählt jede Stimme. Eine umweltfreundliche Standesstimme des Kanton Aargaus hätte also einen grossen positiven Einfluss.
Jede Stimme zählt
Wie wichtig einzelne Stimmen im Parlament sind, hat sich in der vergangenen Legislatur wiederholt gezeigt. So ging eine wichtige Abstimmung, welche die bestehenden Gewässerschutzbestimmungen aushebelte, um eine einzige Stimme verloren. In den nächsten vier Jahren stehen wichtige Geschäfte an, welche die umweltpolitische Stossrichtung der Schweiz nachhaltig beeinflussen werden. Im Bereich Klima sind die Ziele mit dem KlimaschutzGesetz gesteckt – jetzt müssen griffige Massnahmen beschlossen werden. Eine erste Chance hat das Parlament mit dem bereits jetzt in Ausarbeitung befindlichen CO2Gesetz. Die Ziele des KlimaschutzGesetz sind alles in allem zu wenig ambitioniert, doch sogar um diese umzusetzen braucht es mehr klimafreundliche Politiker:innen.
Im Gegensatz zur Klimakrise ist die Biodiversitätskrise noch deutlich weniger im Parlament angekommen. Die Biodiversität – das bunte Mosaik des Lebens auf unserem Planeten – steht an einem Wendepunkt. Unsere Lebensgrundlage ist bedroht, da die Artenvielfalt schwindet und Ökosysteme aus dem Gleichgewicht geraten. Auch in der Schweiz sind zahlreiche Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Es ist dringend erforderlich, den Schutz der Natur zu intensivieren, Lebensräume zu bewahren und nachhaltige Landnutzung zu fördern. Im Parlament ist diese Dringlichkeit, wie sich jüngst bei der Beratung zur Biodiversitätsinitiative zeigte, noch nicht angekommen. Anstatt den Handlungsbedarf zur Kenntnis zu nehmen und einen griffigen Gegenvorschlag zur Initiative zu beschliessen, hat sich die kleine Kammer geweigert, den Gegenvorschlag über haupt zu diskutieren. Damit sich dies ändert und wir endlich unsere Lebensgrundlage besser schützen, braucht es mehr Politiker:innen, die die Biodiversitätskrise ernst nehmen.
Engagierte Energiepolitiker:innen nötig
In einem weiteren Thema, welches die Politik in den nächsten vier Jahren beschäftigen wird, laufen diese zwei Themen zusammen, nämlich bei der Energiewende. Damit der Übergang zur NettoNullSchweiz gelingt, ist es unerlässlich, dass wir unser Energiesystem rasch dekarbonisieren. Das darf aber nicht auf dem Rücken der Biodiversität geschehen! Es geht nämlich auch ohne übergebühre Eingriffe in die Biodiversität. Die Potenziale für Fotovoltaik auf bereits überbauten Flächen sind gewaltig. Auch bei der Effizienz gibt es noch viel Potenzial, denn die nachhaltigste Kilowattstunde ist nach wie vor diejenige, die gar nicht verbraucht wird. Damit die Energiewende rasch, nachhaltig und biodiversitätsfreundlich verläuft, braucht es Energiepolitiker:innen, die sämtliche Facetten der Problematik berücksichtigen.
Um diese und weitere Herausforderungen zu meistern, benötigen wir mehr umweltfreundliche Parlamentarier:innen aller Parteien im Bundeshaus. Sie sehen also – am 22. Oktober haben Sie die Wahl. Geben Sie der Umwelt Ihre Stimme!
Jonas Fricker hat viel Erfahrung
Jonas Fricker, ein Mann mit mehr als zwei Jahrzehnten Erfahrung im Bereich der Nachhaltigkeit, ist nicht nur Projektleiter für Klimaschutz in Zürich, sondern auch CoPräsident des WWF Aargau. Sein politisches Engagement zeigt sich in seiner dreifachen Amtszeit als Einwohnerrat in Baden, seiner zweifachen Amtszeit im Grossrat des Aargaus und an einer früheren Wahl in den Nationalrat. Nun will das selbsterklärte «animal politique» erneut den Sprung nach Bundesbern schaffen. Er tut dies als Nationalratskandidat für die Grünen.
Die Motivation für seine erneute Kandidatur zum Nationalrat erklärt Fricker mit seinem Wunsch, zu einer klimaneutralen Schweiz beizutragen, die ihre Energieversorgung sicherstellt und die Biodiversität bewahrt. Allerdings bezeichnet er sich selbst als politischer Allrounder, der die Nachhaltigkeit in so diverse Bereiche wie Verkehr, Finanzen, Bildung, Wissenschaft, Kultur, Sport, Gesundheit und Sozialwesen, Gleichstellung, Friedensförderung und Governance einzubringen weiss.
Fricker, der Erfahrung aus allen Stufen des politischen Systems der Schweiz mitbringt, betrachtet die Wirksamkeit auf verschiedenen politischen Ebenen differenziert. Klimaschutz und Biodiversität sind globale Herausforderungen, die auf allen Ebenen angegangen werden müssen. Der Nationalrat bietet die Möglichkeit, Rahmenbedingungen für die gesamte Schweiz zu schaffen, erfordert jedoch starke Allianzen, um Mehrheiten zu erreichen. Fricker, der gut vernetzt ist und eine kooperative Natur hat, glaubt daran, eine gewinnbringende Rolle für den Klimaschutz und die Biodiversität im Nationalrat spielen zu können. Deshalb möchte er den Schritt von der kantonalen in die nationale Politik machen, wo er gelobt, sich für Umweltanliegen stark zu machen. Er hat ein Wahlversprechen zu Gunsten der Umwelt abgegeben (100 %).
Robin Sobari,
WWF Schweiz